Die Anregung, sich mit dem biblischen Stoff der Bücher Mose zu beschäftigen, kommt von Goethe selbst, der in „Dichtung und Wahrheit“ feststellt: „Höchst anmutig ist diese natürliche Erzählung, nur erscheint sie zu kurz, und man fühlt sich berufen, sie ins Einzelne auszumalen.“ Dem entsprach Thomas Mann mit dem mehrbändigen Zyklus der Joseph-Romane, die in den Jahren 1926 – 1943 im amerikanischen Exil erschienen sind.
Seit vielen Jahren wird eine aktualisiert Ausgabe des für sperrig gehaltenen Werkes mit einem auf neuesten Kenntnissen beruhenden Kommentar angekündigt. Als es schon einmal fast so weit sein sollte, hat die Goethe - Gesellschaft den Herausgeber Dieter Borchmeyer eingeladen. Der Erscheinungstermin ist verschoben worden; das Thema musste geändert werden.
Nun ist es wieder einmal fast so weit. Jetzt wird der zweite Herausgeber der Joseph-Romane bei uns vorgestellt. Damit nicht wieder kurzfristig das Thema geändert wer- den muss, wird gleich eine Erzählung Thomas Manns in Erinnerung gebracht, die inhaltlich als Fortsetzung des Joseph-Stoffes gelesen werden kann und in vielerlei Hinsicht auch ein „Gegenstück“ dazu ist.
In „Das Gesetz“ literarisiert der Goethe-Verehrer Thomas Mann den Auszug der Hebräer mit Moses aus Ägypten. Gleichzeitig kann diese Novelle auch als politisches Manifest gelesen werden, mit dem er im amerikanischen Exil auf Hitlers Kriegszüge als Angriff auf die Zivilisation und Kultur in Europa aufmerksam macht.