Dass Goethe und Schiller als Klassiker bezeichnet werden, ist heute so selbstverständlich wie die Rede von der Weimarer Klassik. Wie aber haben die Autoren der Weimarer Klassik selbst den Begriff des Klassischen verwendet und was haben sie unter ihm verstanden?
Auffällig ist die außerordentliche Zurückhaltung, die sich Goethe und Schiller gegenüber den Begriffen der Klassik und des Klassischen auferlegt haben. Man fragt sich, welche Auffassungen es gab und welche Kenntnisse für uns heute notwendig sind; denn es ist, als hätten die Weimarer Klassiker gar nicht so genau wissen wollen, was klassisch ist, letztlich musste es ihnen immer darum gehen, ihre eigenen Klassizitätspotentiale nicht durch Klassiker einschränken oder gar gefährden zu lassen. – Was genau klassisch ist, wissen deshalb immer nur die Interpreten der Klassiker: nicht also Goethe und Schiller, wohl aber Humboldt und Körner.
Was Schiller am Klassischen interessierte, waren vor allem die Möglichkeiten der Moderne, zur Klassizität zu gelangen und selbst eine vollkommene, also "classische Kunst" hervorzubringen.
Goethe hingegen hat den Terminus des Klassischen nie auf das eigene Werk angewandt und war auch weit entfernt davon, sich (oder gar Schiller) einen Klassiker zu nennen; den Begriffen des klassischen Autors und des klassischen Werks stand er im Hinblick auf die zeitgenössische Literatur mit ausgesprochenem Misstrauen gegenüber. Bestimmend für Goethes Begriffsverwendung ist hingegen die Bindung des Klassischen an die Natur.